Beschaffung
- Der Beschaffungsprozess soll die bedarfsgerechte und wirtschaftliche Versorgung mit Waren sicherstellen. Zu ihm gehören, zum Beispiel im Handel, die Funktionen Einkauf, Disposition, Wareneingang, Rechnungsprüfung und Kreditorenbuchhaltung.
- Nach engeren Definitionen liegt die Fokussierung auf der Produktion: Alles verfügbar machen, was in der Produktion benötigt wird (Realproduktionsgüterstrom)
- Zur Leistungserstellung muss die richtige Ware ('Objekte') in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, in der richtigen Qualität und zu richtigen Kosten (wirtschaftlich) zur Verfügung stehen („6R“).
- In der Wirtschaft wird als Beschaffung im weiten Sinne die kostenoptimale Bereitstellung aller Einsatzfaktoren bezeichnet, die zur betrieblichen Leistungserstellung erforderlich sind. Beschaffungsobjekte können Materialien, Güter des Sachanlagevermögens, Rechte, Dienstleistungen, Finanzmittel und Personal sein.
- Beschaffung im Sinne der Materialwirtschaft beschäftigt sich mit der Beschaffung der zur Produktion erforderlichen Einsatzfaktoren, i. A. Materialien und Baugruppen.
- In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden alle zur Erreichung des Sachzieles der Unternehmung erforderlichen Produktionsfaktoren (Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe, Personal/Arbeitskräfte, Kapital, Finanzmittel, Immobilien, Dienstleistungen, Rechte, externe Informationen) als Beschaffungsobjekte bezeichnet.
- Insbesondere die Beschaffung von Finanzmitteln, Immobilien und Personal/Arbeitskräften bringt eine eigenständige Problemlandschaft mit sich, da in diesen Bereichen spezielle Marktgegebenheiten vorliegen. Von daher sind eigenständige Bereiche, wie der Finanzbereich, Facility-Management-Bereich und der Personalbereich hierfür zuständig.
Begriffliche Abgrenzung und Aufgaben
Je nach Sichtweise ist die Beschaffungslogistik Teilgebiet des Einkaufs oder umgekehrt. Eine mögliche Betrachtungsweise ist die folgende: Wenn Sie im Laden einkaufen, dann ist dies Beschaffung. Wenn Sie die Ware aber im Laden stehlen, dann ist dies illegal und somit auch kein Einkauf, aber dennoch Beschaffung. Daraus würde folgen, dass Einkauf ein Teil der Beschaffung wäre. Die Aufgabenteilung zwischen Einkauf und Beschaffung hingegen ist klarer:Aufgaben des Einkaufs (im engeren Sinn) sind
- Beschaffungsmarktforschung (siehe auch Marktanalyse)
- Ausschreibungen, Prüfung der Angebote, Erstellung der Preisspiegel
- Vertragsverhandlung und -ausgestaltung (zum Beispiel Rahmenverträge und Planung der Bestellabwicklung)
- Auswahl der Lieferanten (siehe auch Lieferantenbewertung)
- Organisation der Anliefertransporte
- Warenannahme und -Eingangskontrolle
- Lagerlogistik (Lagerwesen) (des Eingangslagers)
- u.U. auch Transportlogistik (innerbetrieblich)
Beschaffungsprozesse existieren in vielen unterschiedlichen Ausprägungen. Die Vorgehensweise und die Schwerpunkte (wie Lieferantenbeurteilung, Preisverhandlungen, Qualitätsanforderungen, das tatsächliche Liefern (Pünktlichkeit, Qualität ...), Rechtsfragen, Finanzierung etc.) werden zum Beispiel von folgenden Kriterien bestimmt:
- Bedeutung der Güter: strategisch/kostenintensiv ... unbedeutend
- Art der zu beschaffenden Ressourcen: Material, Rechte, Mitarbeiter, Dienstleistungen, Software, ...
- Wiederholfrequenz der Beschaffung: Einmalige Vorgänge (Softwarebeschaffung – wird häufig in Form eines Projekts bearbeitet) gegenüber laufenden Vorgängen (Nachbestellungen im Handel; Bearbeitung über etablierte Prozesse)
- Prozess-Standardisierung: Standardisiert (national/international genormt, Unternehmensstandards) ... individuelle Bearbeitung von Beschaffungsmaßnahmen
- Softwareverwendung: Mit SW unterstützt (E-Procurement) ... manuell bzw. ohne spezielle Beschaffungssoftware bearbeitet
- Nach dem Umfang des Leistungsangebots, zum Beispiel bei Investitionsgütern (nach und ): Produktgeschäft (Mehrfachfertigung, Angebot für breiten Markt), Systemgeschaft (komplexe Leistungsbündel für einen zunächst anonymen Markt), Anlagengeschäft (komplexe Leistungsbündel, i. W. kundenindividuell)
- Weiterverarbeitung der Beschaffungsgüter: unveränderter Absatz (im Handel) ... modifiziert (Veredelung, Schlussmontage) ... Produktions-Hilfsmittel (Werkzeuge, Rohmaterial, Nebenprodukte)
- Haltedauer der beschafften Güter: Direkter Durchlauf zum Absatz (z. B. bei Lieferung an Kunden durch den Lieferanten) ... lange Verweildauer (Rohmaterialien, Güter zum eigenen Gebrauch)
Der Sachverhalt 'Beschaffung' ist auf der Lieferantenseite 'Absatz', wobei der Beschaffer dort in der Rolle 'Kunde' auftritt. In der Durchführung von Beschaffungsmaßnahmen interagieren deshalb Funktionseinheiten beider Seiten zeitgleich miteinander. Im Handels-H-Modell von Becker werden die dabei beteiligten Einheiten (am Beispiel für Handelsunternehmen) nahezu strukturanalog beschrieben:
- Beschaffungsseite: Einkauf → Disposition → Wareneingang → Rechnungsprüfung → Kreditorenbuchhaltung
- Absatzseite: Marketing → Verkauf → Warenausgang → Fakturierung → Debitorenbuchhaltung
Operativer Beschaffungsprozess
Die Beschaffung eines Artikels wird durch die Materialdisposition angestoßen, welche eine Bestellanforderung (SAP-Abkürzung: BANF) auslöst. Im Produktionsbetrieb ist die Disposition eine Teilfunktion der Produktionsplanung und -steuerung. Die Bestellung umfasst zumindest Artikel, Menge und Lieferzeitpunkt und -ort. Die Bestellung erfolgt bei einem Lieferanten, der in aller Regel bereits bekannt ist und mit dem ein Rahmenvertrag besteht. Einige Beschaffungsverfahren sehen sogar vor, dass der Lieferant den Lagerbestand online überwacht und beim Unterschreiten des Bestellbestandes die fehlenden Waren unaufgefordert anliefert. Die Beschaffung beeinflusst ganz wesentlich die Kosten- und die Liquidität eines Unternehmens.Strategische Beschaffung
Während Beschaffungsmaßnahmen für operative Zwecke in der Regel im Rahmen definierter Geschäftsprozesse bearbeitet werden, kann es in Fällen mit besonderer Bedeutung, zum Beispiel wenn sie strategisch wichtig sind, zweckmäßig sein, die Beschaffung formal als Projekt abzuwickeln. Gründe dafür können sein:- Die Beschaffung bereits in der Phase der Produktentwicklung [... beim Hersteller] zu planen,
- Das Vorgehen zur Beschaffung individuell bzw. anders als im Beschaffungsprozess (Standard) festzulegen, zum Beispiel die Anwendung eines speziellen Vorgehensmodells, individuelle Entscheidungskriterien, fest definierte Meilensteine etc.
- Bestimmte Beteiligte mit individuell festgelegten Rollen einzubeziehen
- Spezielle Vorgaben zu Budget und Terminen zu definieren - für die z. B. ein für Projekte übliches Reporting erwartet wird.
Das PMBOK-Guide sieht für ein solches Vorgehen sechs Hauptprozesse vor:
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